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Blauzungenkrankheit

Die Blauzungenkrankheit (BTV) ist eine als Kategorie C gelistete und in Deutschland anzeigepflichtige Tierseuche der Haus- und Wildwiederkäuer (Rinder, Schafe, Ziegen, Gatterwild) und Neuweltkamele, welche über Gnitzen übertragen wird. Da diese besonders in den Monaten Mai bis Oktober aktiv sind, besteht zu dieser Zeit ein hohes Risiko für eine Virusübertragung durch Gnitzen. Eine vektorfreie Zeit ist in Deutschland nicht gegeben. Auch in der kalten Jahreszeit können sich Gnitzenpopulationen im Stall, in der Einstreu und den Misthaufen entwickeln. Das Virus zirkuliert bis zu zwei Monaten im Blut infizierter Tiere, wodurch Gnitzen während ihrer Blutmahlzeit das Virus aufnehmen, es in sich vermehren und anschließend weitere Tiere infizieren können. Eine Infektion kann auch mechanisch durch andere blutsaugende Insekten sowie iatrogen (zum Beispiel Nutzung einer Kanüle für mehrere Tiere) erfolgen. Außerdem kann eine Infektion der Feten während der Trächtigkeit erfolgen.

Hervorgerufen wird die Blauzungenkrankheit durch ein Virus mit verschiedenen Serotypen (mindestens 24). Seit 2014 hat sich Blauzungenkrankheit 4 über Südosteuropa bis nach Österreich beziehungsweise westlich bis nach Frankreich ausgebreitet. Seit September 2015 werden kontinuierlich Blauzungenkrankheit 8-Ausbrüche vor allem in Frankreich gemeldet. Von dieser Infektionswelle waren bis Anfang 2023 auch die Schweiz, Belgien, Luxemburg und Teile von Deutschland betroffen. Von einer erneuten Ausbreitung dieses südwestlichen Geschehenes kann ausgegangen werden. Seit September 2023 breitet sich der Serotyp 3 rasant in den Niederlanden aus. Auch Belgien, Großbritannien und Deutschland (Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz) melden erste Fälle. Dabei beziehen sich fast alle Meldungen auf infizierte Schaf- und Rinderbestände. In den Niederlanden wurde auch von Infektionen bei Ziegen, Neuweltkamelen und Wildschafen berichtet. Mit einer weiteren Ausbreitung ab Mai, Juni ist zu rechnen.

Sowohl bei dem Serotyp 3 als auch 4 und 8 sind folgende klinische Anzeichen beobachtet worden: gestörtes Allgemeinbefinden mit Fieber, Milchabfall, Schwellungen, Rötungen, teilweise Läsionen der Schleimhaut im Kopfbereich, Lahmheit (geröteter Kronsaum) teilweise mit Ablösen des gesamten Klauenhorns. Seltener treten Blaufärbung der Zunge, Aborte und vorübergehende Unfruchtbarkeit bei Schafböcken auf. Im Vergleich zum Rind ist die Klinik bei Schafen deutlich stärker und endet in vielen Fällen mit dem Tod. Bei Milchrindern fällt besonders der Rückgang der Milchmenge (bis zu 10 Wochen) auf. Verendungen sind vermehrt bei Tieren älter als 2 Jahre zu beobachten. Auch Frankreich berichtet aktuell wieder von schwereren Verläufen der Blauzungenkrankheit 8-Infektionen im Vergleich zu den Vorjahren.

Als wichtigste Schutzmaßnahme gegen eine Infektion mit Blauzungenkrankheit gilt die Impfung. Zum aktuellen Stand ist kein zugelassener Impfstoff gegen den Serotyp 3 auf dem Markt vorhanden. Am 6. Juni 2024 wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und LandwirtschaftL die Anwendung von drei nicht zugelassenen Impfstoffen gegen Blauzungenkrankheit 3 gestattet. Die Anwendungserlaubnis gilt bis zur Zulassung eines Blauzungenkrankheit-3-Impfstoffs.

Folgende Impfstoffe dürfen ab sofort angewandt werden:

  • Bultavo 3 der Firma Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH
  • Bluevac-3 der Firma CZ Vaccines S.A.U.
  • Syvazul BTV 3 der Firma Laboratorios Syva S.A. vertrieben durch Virbac

In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz sowie der Stadt Bremen war zwischenzeitlich die Impfung mit einem autogenen Impfstoff möglich. Dieser wurde jedoch wieder vom Markt genommen. Eine Impfung gegen den Serotyp 4 oder 8 kann in Abhängigkeit der Tierseuchenlage erfolgen. Jedoch führt weder die Impfung gegen Serotypen 4 oder 8 noch eine Infektion mit diesen Serotypen zu einer Immunität gegen den Serotyp 3.

Für die Ausbildung einer Immunität bedarf es bei den auf dem Markt vorhandenen Impfstoffen gegen Blauzungenkrankheit 3, 4 und 8 einer ein- oder zweimaligen Impfung (Grundimmunisierung). Der früheste Zeitpunkt der Jungtierimpfung ist ebenfalls impfstoffabhängig und variiert zwischen 1 bis 3 Monaten. Um die Geburt virämischer Jungtiere zu verhindern, ist eine Impfung vor der Belegung dringend notwendig.

Die Impfung dient der Minimierung von klinischen Symptomen, der Verhinderung der Virämie und damit der Weiterverbreitung des Virus und ist unter anderem für den Handel aus den Restriktionszonen relevant.

Ansonsten gilt es den Zukauf aus infizierten Gebieten zu vermeiden und die eigenen Tiere in einem guten Gesundheitszustand zu halten. Ein wirksames Entwurmungsmanagement, eine adäquate Mineral- und Spurenelementversorgung (zum Beispiel Selen, Zink, Kupfer) und relevante Impfungen (zum Beispiel Clostridien) tragen hierzu bei. Die Anwendung von Repellentien kann durchgeführt werden. Ein geändertes Haltungsmanagement (zum Beispiel meiden feuchter Weiden, Ventilatoren im Stall) kann zusätzlich das Infektionsrisiko verringern.

Kostenerstattung

In Brandenburg werden durch die Tierseuchenkasse bei der freiwilligen Impfung gegen BTV ein Zuschuss für den Impfstoff inkl. Impfdurchführung sowie einer Bestandsgebühr getragen. Voraussetzung für die Auszahlung dieser Beihilfe ist die Eintragung der geimpften Tiere in die HIT-Datenbank, die vollständige Entrichtung der Beiträge zur Tierseuchenkasse und ein vollständig ausgefüllter Beihilfeantrag.

Weitere Hinweise zur Beihilfe sowie die Antragsformulare finden Sie auf der Inernetseite der Tierseuchenkasse Brandenburg.

Verbringungen aus infizierten Gebieten

Sollen empfängliche Tiere aus infizierten Gebieten verbracht werden, sind spezifische Vorgaben einzuhalten. Hierfür bitte an das zuständige Veterinäramt wenden.

Rechtliche Grundlagen

Weitere Informationen

Quelle: Erste Analyse der Auswirkungen des Ausbruchs von BTV-3 in den Niederlanden. Santman-Berends et al. 2024, Royal Gezondheidsdienst voor Dieren, NL

Datum: %-e. Juni 2024 - Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz