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Hinweise zur Anerkennung von Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände im Zusammenhang mit extremen Wetterereignissen

Aufgrund des sich verändernden Klimas nehmen die Extremwetterereignisse auch in der Region Brandenburg und Berlin immer weiter zu. Dies zeigen die zurückliegenden Jahre, die durch extreme Trockenheit oder Niederschläge geprägt waren.

Diese Extremwetterereignisse können dazu führen, dass bestimmte Anforderungen im Rahmen der GLÖZ-Standards eingehalten oder aber Fördervoraussetzungen sowohl in der ersten, als auch in der zweiten Säule nicht erfüllt werden.

Im Folgenden wird der Umgang mit extremen Wetterereignissen und dem Vorliegen von höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen dargelegt.

Anzeigepflicht der höheren Gewalt oder außergewöhnlichen Umstände

Bei extremer Witterung (zum Beispiel Trockenheit oder Nässe) kann durch eine antragstellende Person das Vorliegen von höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen angezeigt werden. Grundsätzlich ist ein Fall von höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen innerhalb von 15 Werktagen ab dem Zeitpunkt anzuzeigen,

  1. ab dem bekannt ist, dass aufgrund von höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen Anforderungen der Konditionalität nicht eingehalten werden können,
  2. ab dem bekannt ist, dass Fördervoraussetzungen der ersten und zweiten Säule aufgrund von höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen nicht erfüllt werden können oder
  3. ab dem die antragstellende Person im Fall von höherer Gewalt (zum Beispiel Genesung nach Krankheit) dazu in der Lage ist, dies anzuzeigen.

So kann beispielsweise die Frist bei überschwemmten Flächen infolge hoher Winterniederschläge erst mit dem Beginn der Vegetationsperiode erfolgen beziehungsweise wenn auf der Fläche ersichtlich ist, ob und in welchem Umfang ein etwaiger Schaden entstanden ist. Sie muss nicht bereits bei der Überflutung einer Fläche im Winter beginnen oder bei Trockenheit im Frühjahr, Sommer wenige Wochen nach der Aussaat.

Wichtig ist, dass ein Fall von höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen durch die antragstellende Person ausreichend dokumentiert wird. Hierzu eignen sich im besten Fall georeferenzierte Fotos. Gleichzeitig muss die Überprüfung der Vernässung durch die zuständige Behörde möglich sein.

Ein Fall von höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen muss bei extremer Nässe oder Trockenheit angezeigt werden, wenn

  • die gesamte Fläche beziehungsweise nahezu die gesamte Fläche von einer Vernässung oder Trockenheit betroffen ist und
  • eine Nutzung der Fläche nicht möglich ist oder
  • bestimmte Fristen (zum Beispiel Aussaattermin, Nutzungstermine) nicht eingehalten werden können, bei Dauergrünland eine mechanische Bodenbearbeitung für das nachfolgende Wiederherstellen der Grasnarbe auf den vernässten Flächen notwendig ist oder
  • Vorgaben zur Konditionalität nicht eingehalten werden können.

Die Anzeige von höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen ist nicht notwendig, wenn nur Teile eines Schlages von einer Vernässung betroffen sind oder im Fall von Trockenheit die Saat nur an einzelnen Stellen nicht aufgegangen ist.

Die Anzeige von höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen dient vor allem als Nachweis für einen durchgeführten Anbau auf einer Fläche und der Wahrung des Beihilfeanspruches, sofern dieser Anbau durch ein extremes Wetterereignis nicht mehr nachvollzogen werden kann (zum Beispiel ein angebautes Wintergetreide ist im Frühjahr durch eine komplette und langanhaltende Überschwemmung der Fläche im vorherigen Winter nicht mehr nachweisbar).

Hinweis: Wasser- oder naturschutzrechtlich als Überflutungsflächen ausgewiesene landwirtschaftliche Flächen können sich nicht auf höhere Gewalt oder außergewöhnliche Umstände berufen, da es in der Natur dieser Flächen liegt, bei Hochwasser überflutet zu werden. Sofern diese Flächen ihre Förderfähigkeit durch die Überflutungen verlieren, müssen sich die betroffenen Nutzer an die jeweilige Wasser- oder Naturschutzbehörde für einen Ausgleich wenden.

Form und Inhalt der Anzeige

Die Anzeige für die betroffene Fläche oder die betroffenen Flächen kann formlos bei der zuständigen Bewilligungsbehörde mit folgenden Informationen eingereicht werden:

  • Feldblocknummer(n),
  • Gesamtparzellen- und Teilflächennummer(n) im Agrarförderantrag,
  • Nutzcode der Fläche
  • Flächengröße der landwirtschaftlichen Parzelle,
  • Angabe zur Betroffenheit beziehungsweise Flächengröße (zum Beispiel ganze Fläche, rund 80 Prozent, eine Zufahrt zur Fläche ist nicht möglich, die Saat ist überwiegend nicht aufgegangen und so weiter),
  • Nachweis des Schadens anhand von Fotos (möglichst georeferenziert (Werden der zuständigen Bewilligungsbehörde keine georeferenzierten Fotos, sondern nicht-georeferenzierte Fotos übermittelt, so ist bei der Erstellung der Fotos darauf zu achten, dass auf diesen Fotos unter anderem auch markante Punkte erkennbar sind, um die Fläche zweifelsfrei zu lokalisieren. Ist eine zweifelsfreie Lokalisierung der Fläche nicht möglich, erfolgt eine weitere Überprüfung der Fläche.)) und einer kurzen Sachverhaltsbeschreibung (sofern mehrere Flächen betroffen sind, kann der Nachweis auch für mehrere Flächen erfolgen (zum Beispiel mit einem georeferenzierten Foto und einer Beschreibung für mehrere Flächen, die nebeneinanderliegen oder in einem ähnlichen Maß betroffen sind.).

Bearbeitung durch die Behörde

Die Anzeige zum Vorliegen von höherer Gewalt und außergewöhnlicher Umstände wird durch die Bewilligungsbehörde zeitnah bearbeitet. Nach Abschluss der Prüfung wird das Ergebnis der antragstellenden Person formlos mitgeteilt. Darüber hinaus wird der Zentrale Technische Prüfdienst (ZtP) über die Anerkennung informiert.

Bearbeitung von Fotoaufträgen

Unter Umständen können trotz einer Information an den Zentrale Technische Prüfdienst Fotoaufträge für von höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen betroffene Flächen an die Antragstellenden ergehen. Diese Aufträge sind dennoch durch die antragstellende Person zu bearbeiten. In den Bemerkungen ist auf die Überschwemmung beziehungsweise auf die höhere Gewalt oder außergewöhnlichen Umstände hinzuweisen.

Beantragung von vernässten Flächen

In der Regel sind nur Teile einer Fläche von einer Vernässung betroffen. Diese Flächen sind in Gänze (vernässte und nicht vernässte Flächenteile) zu beantragen. Gleiches gilt im Fall von extremer Trockenheit.

Es ist stets die Kultur im Agrarförderantrag anzugeben, die sich im Zeitraum vom 1. Juni bis 15. Juli des Antragsjahres am längsten auf der Fläche befindet.

Hinweise zu den einzelnen Maßnahmen

Die Ausführungen gelten nur für Flächen, für die höhere Gewalt oder außergewöhnliche Umstände angezeigt und anerkannt wurden.

Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) und GLÖZ-Standards allgemein

Können Verpflichtungen nicht eingehalten werden, dann werden keine Sanktionen ausgesprochen (siehe § 22 Absatz 1 des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes).

GLÖZ 1, 2 und 9 und Öko-Regelung 4: Dauergrünland

Wird die Grasnarbe auf einer als Dauergrünland geführten Fläche aufgrund extremer Witterungsereignisse (Überschwemmung von (Teil-)Flächen) zerstört und dieses Schadensereignis auf Dauergrünland wird durch die zuständige Bewilligungsbehörde als höhere Gewalt oder außergewöhnliche Umstände anerkannt, gilt die nach der guten landwirtschaftlichen Praxis erforderliche Wiederherstellung der Grasnarbe (Nachsaat oder Narbenerneuerung durch Neuansaat) nicht als genehmigungspflichtiger Umbruch von Dauergrünland im Sinne des § 5 Absatz 1 des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes.

Ein Antrag auf Grünlanderneuerung beim Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung ist nicht notwendig. Durch ein solches Schadensereignis geht die Eigenschaft als Dauergrünland nicht verloren. Die Zähljahre für Dauergrünland (zum Beispiel bei Ersatzflächen oder rückumgewandelten Flächen) werden in diesen Fällen nicht unterbrochen und auch der Entstehungszeitpunkt von Dauergrünland bleibt unverändert (zum Beispiel altes Dauergrünland bleibt altes Dauergrünland).

Die mechanische Bodenbearbeitung zur Wiederherstellung des Zustandes vor dem Eintritt des Schadensereignisses ist nicht mit dem Pflügen im Sinne des § 7 Absatz 5 der GAP-Direktzahlungen-Verordnung gleichzusetzen. Sie zerstört die Grasnarbe nicht, sondern dient ihrer Wiederherstellung.

GLÖZ 7: Hauptkultur im Zeitraum vom 1. Juni bis zum 15. Juli

Frage: Eine landwirtschaftliche Fläche mit einer Winterkultur, zum Beispiel Winterweizen, steht im Frühjahr 2024 großflächig unter Wasser. Wie wird diese Fläche für den GLÖZ 7 gewertet?

Antwort: Im Rahmen der Agrarförderung wird die Kultur als Hauptkultur angesehen, welche sich im Zeitraum vom 1. Juni bis 15. Juli des Antragsjahres am längsten auf der Fläche befindet.

  1. Sofern sich der Winterweizen im Zeitraum vom 1. Juni bis 15. Juli (sind gleich 45 Tage) am längsten auf der Fläche befindet (ab dem 23. Tag, also mindestens vom 1. Juni bis zum 23. Juni), wird der Winterweizen berücksichtigt. Die Anforderung gilt als erfüllt, auch wenn sich die beantragte Kultur trotz der Überflutung oder Vernässung nur noch teilweise während des relevanten Zeitraumes auf der landwirtschaftlichen Fläche befindet.
  2. Sofern die gesamte Fläche betroffen ist und keine Kultur oder Reste der Kultur vorzufinden sind, ist ein geeigneter Nachweis durch die antragstellende Person vorzulegen (Anbauplanung, Saatgutetikette, und so weiter).

Frage: Eine landwirtschaftliche Fläche sollte mit einer Sommerkultur bestellt werden, was durch die nasse Witterung nicht erfolgen kann. Wie wird diese Fläche für den GLÖZ 7 gewertet?

Antwort: Im Rahmen der Agrarförderung wird die Kultur als Hauptkultur angesehen, welche sich im Zeitraum vom 1. Juni bis 15. Juli des Antragsjahres am längsten auf der Fläche befindet. Sofern im Zeitraum vom 1. Juni bis 15. Juli keine Kultur auf der Fläche angebaut wird, handelt es sich um eine Ackerbrache. Ob diese Fläche für den GLÖZ 8 oder die Öko-Regelung 1a gewertet werden kann, muss im Einzelfall bewertet werden (zum Beispiel keine Bodenbearbeitung nach der Ernte der Hauptkultur im Vorjahr beim GLÖZ 8).

Aufgrund der Überflutung oder extremen Vernässung kann es außerdem notwendig werden, die bisherige Anbauplanung anzupassen. Sofern wegen der Überflutung oder Vernässung die Anbauplanung angepasst und eine andere Kultur im Frühjahr angebaut wird, welche somit im relevanten Zeitraum am längsten auf der Fläche steht (zum Beispiel Mais NC 171) oder ein Maisgemisch (NC 917), ist diese andere Kultur zu berücksichtigen (NC 171 oder NC 917).

Sofern die Änderung der Anbauplanung sehr kurzfristig erfolgt ist und sich auf der Fläche eine andere Kultur befinden sollte, als im Agrarförderantrag angegeben, ist der Agrarförderantrag (möglichst bis zum 30. September) durch die antragstellende Person zu ändern.

Direktzahlungen

Der Beihilfeanspruch für eine beantragte Fläche bleibt erhalten, sofern für diese Fläche höhere Gewalt oder außergewöhnliche Umstände angezeigt und anerkannt wurde und diese zum Zeitpunkt des Eintretens des Falls von höherer Gewalt oder der außergewöhnlichen Umstände förderfähig war (§ 27 GAP-Direktzahlungen-Verordnung).

Nachfolgend sind für einzelne Öko-Regelungen zusätzliche Hinweise aufgeführt.

Öko-Regelung 1b/c

Höhere Gewalt oder außergewöhnliche Umstände können nicht anerkannt werden, wenn

  1. aufgrund von extremen Witterungsereignissen eine Aussaat einer Blühmischungen nicht möglich war und kein hinreichender Bestand etabliert werden konnte oder
  2. im Fall einer zweijährigen Blühmischungen, der im ersten Antragsjahr etablierte Bestand durch Extremwetterereignisse (zum Beispiel eine Überschwemmung im Winter vor dem 31.05. im zweiten Antragsjahr zerstört worden ist und keine Nachsaat im zweiten Antragsjahr erfolgt ist.

Höhere Gewalt oder außergewöhnliche Umstände können anerkannt werden, wenn

  1. nach der Aussaat einer Blühmischungen und einer hinreichenden Bestandetablierung Extremwetterereignisse zur Zerstörung des Bestandes geführt haben oder
  2. im Fall einer zweijährigen Blühmischungen, der im ersten Antragsjahr etablierte Pflanzenbestand nach dem 31. Mai des zweiten Antragsjahres durch Extremwetterereignisse zerstört worden ist oder
  3. im Fall einer zweijährigen Blühmischungen, der im ersten Antragsjahr etablierte Pflanzenbestand vor dem 31. Mai des zweiten Antragsjahres durch Extremwetterereignisse zerstört worden ist und durch die Witterungsbedingungen eine Nachsaat im zweiten Antragsjahr nicht mehr möglich war.

Öko-Regelung 2

Im Rahmen der Agrarförderung wird die Kultur als Hauptkultur angesehen, welche sich im Zeitraum vom 1. Juni bis 15. Juli des Antragsjahres am längsten auf der Fläche befindet. Dies gilt auch bei kurzfristigen Anbauplanänderungen durch extreme Vernässungen oder Trockenperioden.

Öko-Regelung 4

Die Zerstörung der Grasnarbe infolge von höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände wird nicht als Umbruch einer Dauergrünlandfläche gewertet. Es gelten die Hinweise zu GLÖZ 1, 2 und 9.

Öko-Regelung 5

Sofern auf einer Fläche nicht mindestens vier regionale Kennarten vorzufinden sind, kann die Fläche nicht mit der Öko-Regelung 5 gefördert werden, auch wenn für die Fläche in dem Antragsjahr ein Fall von höherer Gewalt und außergewöhnlicher Umstände angezeigt wurde.

Flächen in mehreren Bundesländern

Die Anzeige zum Vorliegen von höherer Gewalt und außergewöhnlicher Umstände muss im Betriebssitzland erfolgen. Die Anzeige, welche Flächen betroffen sind, ist je nach Lage der Flächen in dem betroffenen Bundesland zu tätigen. Das Bundesland, in welchem die Fläche belegen ist, beurteilt, ob für eine Fläche höhere Gewalt und außergewöhnliche Umstände anerkannt werden oder nicht.

Sofern bei einem Antragstellenden aus Brandenburg oder Berlin mehrere Flächen in Brandenburg und beispielsweise in Sachsen-Anhalt betroffen sind, dann ist in Brandenburg die Anzeige zum Vorliegen von höherer Gewalt und außergewöhnlicher Umstände zu stellen und es sind die betroffenen Flächen zu benennen. Zusätzlich ist in Sachsen-Anhalt anzuzeigen, dass ebenfalls Flächen betroffen sind.

Maßnahmen der 2. Säule

Flächen, auf denen Maßnahmen der 2. Säule durchgeführt werden und für die die Prüfung des Einzelfalls das Vorliegen von höherer Gewalt und außergewöhnlicher Umstände bestätigt hat, erhalten für das angezeigte Kalenderjahr keine Zahlung. Eine Sanktionierung erfolgt nicht. Sie verbleiben in der mehrjährigen Verpflichtung und auf Rückforderungen für Vorjahre wird verzichtet, sofern nicht weitere Tatbestände hinzukommen.