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Anforderungen an Lebensmittelunternehmen

Die Hauptverantwortung für die Sicherheit eines Lebensmittels liegt beim Lebensmittelunternehmer. (Verordnung (EG) Nummer 852/2004 des europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene)

Wer Lebensmittel herstellt, behandelt oder in Verkehr bringt, muss eine Reihe von Vorschriften einhalten. Auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen muss der Unternehmer seinen Sorgfaltspflichten nachkommen und die Anforderungen des Lebensmittelrechts einhalten. Auch sind verschiedene Melde- oder Registrierungspflichten sowie Schulungsnachweise erforderlich.

Gesetze und Verordnungen

Folgende Gesetze und Verordnungen sind für den Hersteller oder Händler von Lebensmitteln unter anderem zu beachten:

  • das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
  • die Lebensmittelbasisverordnung Nummer 178/2002 der Europäischen Union (Basis-Verordnung)
  • das Europäische Hygienerecht mit der Verordnung zur allgemeinen Lebensmittelhygiene (Verordnung (EG) Nummer 852/2004) und der Verordnung mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (Verordnung (EG) Nummer 853/2004)
  • die nationale Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV)
  • die Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tier-LMHV)
  • das Infektionsschutzgesetz (lfSG)
  • die Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV)

Verordnung zur allgemeinen Lebensmittelhygiene der Europäischen Union (Verordnung (EG) Nummer 852/2004)

Alle Arbeitsabläufe beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln müssen so erfolgen, dass eine nachteilige Beeinflussung von Lebensmitteln vermieden wird. Einrichtungen, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt, verarbeitet, gelagert oder in den Verkehr gebracht werden, müssen so beschaffen, sein, dass sie den allgemeinen Anforderungen an Hygiene, Eigenkontrolle und Rückverfolgbarkeit entsprechen.

Bauliche Beschaffenheit

  • Betriebsstätten müssen so konzipiert und ausgestattet sein, dass eine angemessene Instandhaltung sowie Reinigung und beziehungsweise oder Desinfektion möglich ist und ausreichend und geeignete Arbeitsflächen und Arbeitsgeräte vorhanden sind.
  • Der Fußboden muss wasserundurchlässig, abriebfest sowie leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein. Eine Ableitung des Abwassers muss möglich sein.
  • Die Wandflächen sind mit bis zu einer für die entsprechenden Arbeitsvorgänge angemessenen Höhe mit glatten, wasserundurchlässigen Oberflächen aus nichttoxischem Material zu versehen. Sie müssen leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein.
  • Die Decken und Deckenvorrichtungen müssen so beschaffen sein, dass Ansammlungen von Schmutz und Kondenswasser sowie unerwünschter Schimmelbefall und Ablösung von Materialien vermieden werden.
  • Fenster und sonstige Öffnungen müssen so beschaffen sein, dass Schmutzansammlungen vermieden werden. Können Fenster oder Öffnungen ins Freie geöffnet werden, müssen sie mit zu Reinigungszwecken leicht entfernbaren Insektengittern ausgestattet sein.
  • Türen und Fenster müssen leicht zu reinigen sein. Sie müssen mit glatten und wasserabstoßenden Oberflächen versehen sein.

Ausstattung

  • Eine ausreichende Be- und Entlüftung muss vorhanden sein. Über Kochgeräten wird dazu üblicherweise eine Wrasenabzugsvorrichtung installiert. Die Notwendigkeit ist im Einzelfall abzuklären.
  • Für die Reinigung der Lebensmittel sind geeignete Vorrichtungen erforderlich. Eine angemessene Zufuhr von warmem und kaltem Trinkwasser ist zu gewährleisten.
  • Zum Reinigen und Desinfizieren von Arbeitsgeräten und Ausrüstungen sind geeignete Vorrichtungen aus korrosionsbeständigem Material und mit einer ausreichenden Warm- und Kaltwasserzufuhr zu installieren.
  • Ein leicht erreichbares Handwaschbecken mit fließendem Warm- und Kaltwasser und hygienischen Mitteln zum Reinigen und Trocknen der Hände wird im Arbeitsbereich gefordert.
  • Zur Zwischenlagerung von leicht verderblichen Rohstoffen und Halbfabrikaten müssen ausreichende Kühl- und Tiefkühlmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
  • Für Oberflächen von Einrichtungen, die mit Lebensmittel in Berührung kommen, sind hygienisch unbedenkliche, glatte und abwaschbare Materialien zu verwenden, die leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sind. Geräte und Ausrüstungen sind so zu installieren, dass das unmittelbare Umfeld angemessen gereinigt werden kann.
  • Es sind ausreichende Lagermöglichkeiten für die benötigten Zutaten, für die Endprodukte sowie für Leergut und Verpackungsmaterial nachzuweisen. Reinigungsmittel und -geräte sind separat aufzubewahren.
  • Lebensmittelabfälle, ungenießbare Nebenerzeugnisse oder andere Abfälle sind in geeigneten, verschließbaren Behältern zu sammeln und geregelt zu entsorgen.

Personalhygiene

  • Personen, die Lebensmittel herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen, haben ein hohes Maß an persönlicher Sauberkeit zu halten und müssen angemessene, saubere Kleidung (Hygienekleidung) tragen.
  • Personen mit infizierten Wunden, Hautinfektionen oder Geschwüren dürfen mit Lebensmitteln nicht umgehen, sofern die Möglichkeit besteht, dass Lebensmittel direkt oder indirekt mit pathogenen Mikroorganismen verunreinigt werden.
  • Gemäß § 43 Infektionsschutzgesetz ist eine Belehrungspflicht für die Personen vorgeschrieben, die eine der dort beschriebenen Tätigkeiten ausüben. Diese Belehrung ist erstmalig durch einen Amtsarzt vorzunehmen. Nachfolgend ist die Belehrung durch den Betrieb selbst alle zwei Jahre für jeden Mitarbeiter durchzuführen und schriftlich zu dokumentieren.
  • Für das Personal muss eine Toilette mit Wasserspülung und einwandfreier Ableitung sowie mit einer Handwaschmöglichkeit mit fließendem Warm- und Kaltwasser und hygienischen Mitteln zum Reinigen und Trocknen der Hände zur Verfügung stehen, die keinen direkten Zugang zu Räumen hat, in denen Lebensmittel hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden. Soweit erforderlich, ist für ausreichende Umkleidemöglichkeiten zu sorgen.

Betriebseigene Maßnahmen im Rahmen der Eigenkontrolle und Sorgifaltspflicht

  • In Abhängigkeit von Art und Umfang des Warensortiments und der Lebensmittel sind betriebseigene Maßnahmen und Kontrollen durchzuführen und nachzuweisen. Dazu gehören zum Beispiel die Gewährleistung von Ordnung und Sauberkeit, die Überprüfung der Qualität der zur Verarbeitung vorgesehenen Rohstoffe, die regelmäßige Kontrolle der Warenbestände und der Lagerbedingungen, die Prüfung der einwandfreien Beschaffenheit der hergestellten Produkte und Speisen und der für die Abfüllung der Lebensmittel vorgesehenen Gefäße und Verpackungen sowie die Überprüfung der Qualität der Endprodukte.
  • Die Rückverfolgbarkeit zum Warenfluss (Wareneingang, Warenausgang) muss gewährleistet sein. Die Art und Weise der Nachweisführung ist betriebsspezifisch.
  • Wer Lebensmittel herstellt, behandelt oder in Verkehr bringt, hat zu gewährleisten, dass Personen, die mit Lebensmitteln umgehen, entsprechend ihrer Tätigkeit in Fragen der Lebensmittelhygiene unterrichtet oder geschult werden.

Jeder der mit Lebensmitteln umgeht hat sicherzustellen, dass auf allen Stufen des Herstellens (kochen, backen, einwecken und so weiter), des Verarbeitens (erhitzen, würzen, verpacken, einfrieren, lagern, transportieren und so weiter) und jede Art des Handels (Vertrieb, Abgabe zum sofortigen Verbrauch oder zur Weiterverarbeitung und so weiter), durchgehend einschlägige Hygieneregeln eingehalten werden.

Fachkenntnisse

  • Die Lebensmittelhygiene-Verordnung fordert in § 4, dass leichtverderbliche Lebensmittel nur von Personen hergestellt, behandelt oder in Verkehr gebracht werden dürfen, die aufgrund einer Schulung über die entsprechenden Fachkenntnisse ihrer jeweiligen Tätigkeit verfügen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass dieser Personenkreis auch entsprechend jährlich weiterzubilden und zu schulen ist. Der Arbeitsplatzbezogene Bedarf an Fachkenntnissen ist zu bestimmen und die entsprechenden Themenfelder sind zu berücksichtigen.
  • Alle zwei Jahre müssen alle Personen, die „mit Lebensmitteln umgehen", gemäß § 43 Infektionsschutzgesetz, über Ansteckungsmöglichkeiten, Vorbeugung von Erkrankungen und Meldepflicht im Krankheitsfall unterwiesen werden.

Bei der Dokumentation muss darauf geachtet werden, dass die Bescheinigung der Schulungsteilnahme ausgedruckt und sowohl vom Geschulten, als auch vom Schulenden (Arbeitgeber) unterschrieben und zentral abgelegt wird.

Lebensmittelsicherheit

Lebensmittelsicherheit bedeutet Gefahren zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden, auszuschalten oder auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. Gefahren können zum Beispiel Fremdkörper wie Verpackungssplitter, abgelöste Oberflächen von Einrichtungen und Geräten, Staub, Feuchtigkeit ungünstige Temperaturen sein = physikalische Gefahr.

Chemische Gefahren können unter anderem sein: Rückstände von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln; in das Lebensmittel übergegangene Stoffe wie Weichmacher und giftige Farben; krebserregende Substanzen, die zum Beispiel bei zu großer Hitze oder im alten Frittierfett entstehen können.

Biologische Gefahren können unter anderem durch Krankheitserreger wie Bakterien, Parasiten, Schimmelpilze und deren Gifte ausgehen. Wirksame Maßnahmen zur Gefahrenabwehr müssen den ganzen Betrieb und jeden Weg der Lebensmittel und des Personales einbeziehen.

Gute Hygienepraxis

Basis - sind geeignete Räume und Ausstattungen (Größe, Beschaffenheit, Beleuchtung, Belüftung, Handwasch- und Reinigungsbecken, Sanitäranlagen und so weiter) und ein nach Anzahl und Qualifikation geeignetes Personal.

Gute Hygienepraxis umfasst

  • den Umgang mit dem Lebensmittel (Sachkenntnisse zum Produkt, geeignete Verarbeitung, Lagerung, Abgabe, Einhaltung von Kühlketten, Wareneingangskontrollen und so weiter)
  • Betriebshygiene (Instandhaltungen, Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen, Abfallentsorgung, Schädlingsprophylaxe und so weiter)
  • Dokumentation, betriebseigene Kontrollen: Angemessen an Betriebsgröße und nach Art und Menge der Lebensmittel werden in der Regel folgende Dokumentationen geführt, wobei Soll-Werte festzulegen und mit den aktuellen Werten abzugleichen sind:
    • Wareneingang: Transporttemperatur- und Hygiene, Qualität, Haltbarkeitsdaten, Kennzeichnungen
    • Lagertemperaturen: Kühlung, Gefrierlagerung aller Einrichtungen
    • Heißhaltetemperaturen: 65 Grad Celsius
    • Durchgartemperaturen: Festlegung von Garzeiten und Kerntemperaturen nach Bedeutung; entspricht der vereinfachten Festlegung eines kritischen Kontrollpunktes;
    • Reinigung und Desinfektion: Planerstellung als Sollvorgabe (was, wann, wie, womit) und Führen eines Durchführungsnachweises
    • Nachweisführung von Personalschulungen und Belehrungen: Grund- und Wiederholungsbelehrung nach § 43 Infektionsschutzgesetz, Betriebs- und Personalhygiene jeweils mit Datum, Thema und Unterschrift - § 4 Lebensmittelhygiene-Verordnung
  • HACCP (Gefahrenanalyse und risikoträchtige kritische Kontrollpunkte)
    • HACCP ist ein System, das grundsätzliche Gefahren für die Lebensmittelsicherheit identifiziert, bewertet und beherrscht. Produktionsbetriebe, besonders mit leicht verderblichen Lebensmitteln, wenden das Verfahren in Vollständigkeit an. In kleineren Betrieben beziehungweise in Verarbeitungsbereichen mit empfindlichen Lebensmitteln und mit nicht unerheblichen Gefahren für die Lelbensmittelsicherheit, finden die Anforderungen der Guten Hygienepraxis mit HACCP - basierten Elementen Anwendung. Die hierfür erforderlichen HACCP-Grundsätze sind in der eingangs erwähnten Verordnung festgelegt und beinhallten im Wesentlichen folgende Schritte:
      • Gefahrenanalyse: Erkennen von Gefahren für das Lebensmittel, An der Stelle (Punkt), an der es notwendig und möglich ist eine Gefahr zu vermeiden, auszuschließen oder auf ein akzeptables Maß zu reduzieren, wird ein "kritischer Kontrollpunkt (CCP)" festgelegt. Das heißt, es muss möglich sein, an dieser Stelle (Punkt) etwas zu messen (kontrollieren) und zu regeln (korrigieren).
      • Kontrollpunkt: Besteht im Folgenden keine weitere Sicherheit für das Lebensmittel (zum Beispiel ein Durcherhitzen), ist dieser Kontrollpunkt notwendig für die Gefahrenbeherrschung.
      • Kritischer Kontrollpunkt:
        • Festlegung von Grenzwerten, (Soll-Werten) um Abweichungen, (Kritische Bereiche) zu vermeiden
        • Überwachung in erforderlichen und festzulegenden Abständen (Feststellung der Ist-Werte im Abgleich mit den Soll-Werten)
        • Festlegung von Korrekturmaßnahmen (Regulierung der Ist-Werte zum Soll-Wert bei Abweichungen, zum Beispiel Verlängerung der Garzeit, Erhöhung der Gartemperatur und so weiter)
        • Prüfung der Wirksamkeit (Festlegung angemessener Prüfabstände und Methoden, insbesondere bei neuen Produkten und Verfahren)
        • Dokumentation (Gesamtdarstellung des Verfahrens an Hand der innerbetrieblichen Abläufe und Rezepturen, Soll- und Ist-Werte, Prüfverfahren, Dokumentation der Guten Hygienepraxis)
  • Schädlingsprophylaxe dient der Vorbeugung und sollte zusammen mit der Abfallsammlung und Entsorgung regelmäßig überprüft werden. Die Schädlingsbekämpfung und die Entsorgung von Speiseresten gehört in professionelle Hände.

Anmerkung

Diese Hinweise dienen dem allgemeinen Verständnis und geben keine vollständigen Gesetze oder Norminhalte wieder. Die angeführten Beispiele sind keine abschließenden Aufzählungen. Für Ihren Betrieb können spezielle Anforderungen und Dokumentationen erforderlich sein. Zu empfehlen sind branchenbezogene "Leitlinien für gute Hygiene-Verfahrenspraxis". Diese Normen werden von den Fachkreisen einer Lebensmittelbranche erarbeitet und von den zuständigen Behörden geprüft. Sie bieten eine abgestimmte Orientierungshilfe mit hohem Stellenwert.

Liste der nationalen, anerkannten Leitlinien: www.lebensmittelverband.de

Datum: 1. Juli 2021